Erstens: die Elektrifizierung der Mobilität geht mit immer schnellerem Tempo voran und auch deutsche Automobilhersteller haben in der Zwischenzeit deutlich an Geschwindigkeit zugelegt. Es wird in 5 bis 10 Jahren kaum noch einen Grund geben, ein Auto mit Verbrennungsmotor zu kaufen. Gas, Biokraftstoffe und Hybridantriebe sind Zwischenlösungen auf dem Weg zum batterieelektrischen Antrieb. Die Alternative der Brennstoffzelle wird parallel in Japan entwickelt, was sich durchsetzt, wird die Zeit zeigen. Beide Lösungen könnten möglicherweise auch nebeneinander Bestand haben. Der Trend zeichnet sich ab: Laut VDA erreichten die kumulierten Neuzulassungen am 30. Juni 246.900 Elektro-Pkw, davon sind bereits 54% batterieelektrische Fahrzeuge.
Dass wir in Kürze keine Verbrennungsmotoren für unsere Mobilität mehr nutzen werden, wird unumstößlich getrieben durch den spürbar werdenden Klimawandel und die dadurch ausgelöste CO2-Dsikussion, den Preisverfall und die höhere Energiedichte bei den Batterien sowie den politischen Paradigmenwechsel in China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, der dazu führt, dass die Weltmacht massiv in die Elektrifizierung des Verkehrs investiert.
Wer diese drei Trends in der Entwicklung seines strategischen Zukunftsbildes für das eigene Unternehmen nicht grundlegend berücksichtigt, hat im deutschen Automobilmarkt kaum eine Chance auf eine erfolgreiche Zukunft.
Es geht aber auch zweitens um die Digitalisierung der Mobilität von Morgen, die durch verschiedene Entwicklungen geprägt ist: zum einen die zunehmende Vernetzung von Fahrzeugen untereinander, die Vernetzung von Fahrzeugen mit anderen Devices und Dienstleistungs-Plattformen und die Vernetzung mit der Verkehrsinfrastruktur. Außerdem schreitet die Automatisierung von Fahrfunktionen bis hin zu selbstfahrenden Autos stetig voran.
Und so sind das autonome Fahren und die Vernetzung im Internet der Dinge die nächsten Herausforderungen, auf die deutsche Automobilhersteller und Zulieferer auf der IAA Antworten geben wollen, und das parallel zu einem ohnehin schon schwierigen Paradigmenwechsel in der Technologieentwicklung und in der Herstellung von bisher verbrennungsmotorisch betriebenen hin zu elektrisch betriebenen Fahrzeugen.
Wenn es um die Digitalisierung der Mobilität geht, treten vermehrt neue Geschäftsmodelle und Herstellernamen auf, die disruptives Potenzial bieten: Apple arbeitet an einem Elektroauto, das sich selbst fahren kann. Googles „Self-Driving Car“ ist bereits auf den Straßen Kaliforniens zu Testzwecken unterwegs. Wir erleben hier einen Umbruch getrieben von innovativer digitaler Technologie. Die richtigen Technologielösungen für die mobilen Märkte und die Schlacht um die zukünftig relevanten Geschäftsmodelle lassen sich wohl nur mit den richtigen Partnerschaften für Cloud-Anwendungen oder für standort-bezogene Dienste gewinnen. Denn es wird den Herstellern kaum gelingen, ihre digitale Unabhängigkeit zu bewahren und selbst zu Tech-Unternehmen zu werden.
Die Digitalisierung löst drittens den Trend zur Neuen Mobilität aus und das ausgelöste veränderte Mobilitätsverhalten der Nutzer wird immer deutlicher. Die Mehrzahl der Nutzer wird kein eigenes Auto mehr haben, sondern Shared Vehicles nutzen, die sich autonom permanent so positionieren, dass sie auch von einer begrenzten Anzahl von Shared Mobility Nutzern mit einem Auslastungsprofil von bis zu 100% genutzt werden können. Künstliche Intelligenz, die es möglich macht, dass besonders viele Fahrzeuge dort verfügbar sind, wo sie aktuell am ehesten benötigt werden. Diese Fahrzeuge sind dann nicht nur kein Verbrenner mehr, sondern auch nutzenorientierte Fahrzeuge mit einem entsprechenden sich möglicherweise flexibel an die jeweils aktuelle Nutzeranforderung anpassenden Funktionsprofil. Über 400 PS-starke batterieelektrische Fahrzeuge, die einzelne Nutzer besitzen und allein fahren, obwohl 5 Personen darin Platz finden, gehören dann der Vergangenheit an. Die Elektrifizierung der Mobilität von gestern ist sicherlich nicht der richtige Weg in die Zukunft. Das zu erkennen und sich darauf einzustellen ist der Schlüssel für den Erfolg.
Die politischen Rahmenbedingungen werden geschaffen: Die Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“ (NPM) wurde 2018 durch die Bundesregierung ins Leben gerufen mit einem wesentlichen Kernziel des Ausbaus einer leistungsfähigen, digitalen Infrastruktur.
Die Automobilindustrie ist am Zug. Sehen wir uns auf der IAA an, wie weit sie gekommen ist und ob der Dreisprung Elektrifizierung, Digitalisierung und Neue Mobilität von den Herstellern und Zulieferern erfolgreich genommen werden kann.